>Das Politische< und die Öffentlichkeit

Am Donnerstag fand eine öffentliche Abendveranstaltung statt. In dieser referierte Dr. Oliver Marchart über Möglichkeiten der Demokratisierung der Medien, speziell der öffentlich-rechtlichen Medien.

Die in diesem Kontext notwendigen Annahmen, Bedingungen und Strategien hat Dr. Marchart in den acht folgenden Thesen subsumiert:

  1. Öffentliche oder öffentlich-rechtliche Medien können nur in dem Ausmaß "öffentlich" genannt werden, in dem ein Raum des Konflikts entsteht und sie einem aktiven "Publikum" zutritt verschaffen.

  2. Nur solche Medien, die in diesem Sinne als "Öffentlichkeiten" bezeichnet werden können, können auch legitimerweise demokratisch genannt werden.

  3. An diesen Kriterien gemessen sind die Medien und Öffentlichkeiten, wie wir sie kennen, d.h. die Massenmedien unserer real existierenden liberal-demokratischen Regime, weder öffentlich noch sind sie demokratisch.

  4. Es folgt, daß die Medien zu potentiellen Öffentlichkeiten gemacht werden müssen, und zwar indem sie demokratisiert werden.

  5. Um die Medien zu demokratisieren, müssen wir die Demokratie demokratisieren. Das heißt, wir müssen das demokratische Imaginäre, den demokratischen Horizont vertiefen und radikalisieren. Ein solches politisches Projekt kann man "radikale Demokratie" nennen.

  6. Die Demokratisierung der Medien ist ein Eckpfeiler jedes radikaldemokratischen Programms, denn Demokratien herrscht nur dort, wo es Öffentlichkeit gibt, und die Medien besitzen die materielle und institutionelle Infrastruktur, um die Bedingungen dafür herzustellen, dass Öffentlichkeit entsteht.

  7. Die Demokratisierung der Medien wird nicht gelingen, wenn sie nicht Teil eines breiteren hegemonialen Kampfes ist. Die Radikalisierung der Demokratie auf allen Ebenen beinhaltet eine Veränderung der Weise, in der Menschen sich ihr Leben in der Gesellschaft vorstellen (sog. Alltagsverstand). Sie beinhaltet die Konstruktion eines neuen hegemonialen Konsenses.

  8. Der Kampf um wirklich demokratische Medien ist nicht allein eine Frage der Medienpolitik im Sinne von policy. Wenn wir es den Technokraten, Bürokraten und Medienberatern überlassen, neue Medien-policies zu ersinnen, wird sich nichts ändern.Radikale Demokratie dreht sich nicht um die Erfindung einer neuen policy, sondern um die Erfindung einer neuen Politik, oder besser: die Neuerfindung des Politischen.

Information

In dem 4-tägigen Workshop wird konkret gezeigt, wie durch die Produktionsstrukturen der Medien, durch Auswahl und Schnitt etc. Bedeutung entsteht und warum auch ›investigativer Journalismus‹ manchmal nicht ausreicht. Nach kritischer Analyse von Fernseh- und Printmaterial werden Möglichkeiten selbstbestimmter Öffentlichkeit jenseits einer ›Kritik mit der Fernbedienung‹ diskutiert.

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Plenum-III

Literatur

Dayan / Katz (2002) Medienereignisse.
In: Ralf Adelmann u.a. (Hg.): Grundlagentexte zur Fernsehwissenschaft.

Habermas, Jürgen (1998) Faktizität und Geltung.
Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats.

Hall, Stuart (2002) Die strukturierte Vermittlung von Ereignisse.
In: Ralf Adelmann u.a. (Hg.): Grundlagentexte zur Fernsehwissenschaft.

Kocyba, Hermann (2004) Aktivierung.
In: Bröckling, Ulrich u.a. (Hg.):Glossar der Gegenwart.

Link, Jürgen (1994) Grenzen des flexiblen Normalismus?
In: Schulte-Holey (Hg.):Grenzmarkierungen. Normalisierung und diskursive Ausgrenzung.

Marchart, Oliver (2005) Der Apparat und die Öffentlichkeit. Zur medialen Differenz von >Politik< und >dem Politischen<.
In: Gethmann / Stauff (Hg.) Politiken der Medien.

Oy, Gottfried (2003) Vom Kampfbegriff zur elektronischen Demokratie.
Kritische Publizistik, Gegenöffentlichkeit und die Nutzung Neuer Medien durch soziale Bewegungen. In: Peripherie, 92, 23, S. 507-523

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Zuletzt aktualisiert: 12. Dez, 09:30

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